Red Country (Joe Abercrombie)
Deutscher Titel: Blutklingen
Genre: High Fantasy / Adventure
Erscheinungsdatum: 2012
Der vielleicht nicht krönende, aber doch sehr befriedigende Abschluss einer sechsteiligen Reihe. Die junge Shy kehrt mit ihrem Stiefvater Lamb aus der Stadt zurück auf den heimatlichen Hof und muss feststellen, dass die Farm niedergebrannt und ihre zwei Geschwister entführt wurden. Gemeinsam mit Lamb macht sie sich auf eine abenteuerliche Reise durch das ganze Land, um die beiden zurückzuholen. Schnell wird deutlich, dass Lamb eine ganz eigene Vergangenheit hat…
Das Buch ist nicht ganz so atemberaubend und schnell wie die fünf Vorgänger, das will ich nicht bestreiten. Dafür ist Shy eine ganz wunderbare Heldin – eine, die endlich mal echte Gefühle hat und nicht nur eine wahnsinnige Schlächterin ist wie Monza in Best Served Cold.
Man trifft ganz viele alte Bekannte wieder – Lamb, natürlich, aber auch Nicomo Cosca, Friendly, Shivers, Glama Golden und noch ein paar.
Der Plot wirkt etwas gezwungen, als bräuchte Abercrombie dringend einen Vorwand, Lamb erneut auf die Reise zu schicken und seine Geschichte zu vollenden. Die Rebellen und die Dragon People, die vormals so groß besungen werden, spielen eigentlich gar keine Rolle. Es geht nur darum, Lamb seinem Schicksal zuzuführen.
Das wird auf die übliche grimmige, düstere Weise gemacht, doch es gibt in diesem Buch wesentlich mehr helle Augenblicke. Klar wird gemordet und gekämpft und geflucht und getrunken. Klar sterben Charaktere, die man eigentlich ganz nett findet. Klar eraubt Abercrombie es seinen Figuren nicht, den einfachen Weg zu gehen – nicht, solange er sie stattdessen in einen reißenden Fluss werfen kann. Aber es geht doch wesentlich mehr um Familie und Freundschaft als um herausgerissene Eingeweide und Krieg. Nach The Heroes eine ganz willkommene Abwechslung.
Ich habe die ganze Serie regelrecht verschlungen. Auf Englisch, wohlgemerkt – meine Mutter hat auf Deutsch angefangen und mich mal reinlesen lassen – es fehlt einfach etwas. Die ganze Atmosphäre geht in der Übersetzung flöten, was wirklich schade ist. Ganz zu schweigen davon, dass sie Dogman mit Hundsmann übersetzt haben, was ja eigentlich richtig ist, aber sich doch ganz schlimm anhört…
Wer also Lust auf eine epische, düstere, grimmige, wahnwitzige High Fantasy-Serie hat, der lese Joe Abercrombies First Law-Reihe. Aber bitte im Original.
Crown&Passion – Alles, wonach du dich sehnst (Jodi Ellen Malpas)
Originaltitel: The Controversial Princess
Genre: erotischer Roman
Erscheinungsdatum: 2019
Ein erotischer Roman über Prinzessin Adeline von England, die mit ihrem Leben im goldenen Käfig nicht zufrieden ist. Auf ihrer Geburtstagsparty trifft sie den Hollywood-Star Josh Jameson und verliebt sich sofort – mit weitreichenden Konsequenzen.Die Königsfamilie in diesem Buch ist natürlich nicht die Königsfamilie. Adelines Vater Albert ist König von England, sie steht an dritter Stelle in der Thronfolge. Ich hatte mir einen interessanten Roman erhofft, mit einer spannenden Liebesgeschichte und der Zerrissenheit zwischen der Liebe zu einem Bürgerlichen (und Amerikaner!) und Adelines Verpflichtungen am königlichen Hof.Was habe ich bekommen? Die Enttäuschung des Jahres.
Machen wir es kurz und knackig: Ich war lange nicht mehr so enttäuscht von einem Buch.
Protagonistin Adeline ist furchtbar. Hochnäsig, selbstgerecht, selbstmitleidig, arrogant. Das müsste nicht zwangsläufig schlecht sein, wenn sie im Lauf des Buches irgendeine Entwicklung durchmachte – macht sie aber nicht. Sie bleibt die selbstsüchtige Prinzessin von England, die sich selbst zu wichtig nimmt und von allen anderen auch erwartet, das zu tun.
Zweiter Protagonist: Josh Jameson. Unfassbar reicher Hollywood-Star. Sexiest Man Alive, was sonst. Ein perfekter Typ. Da gibt es nicht eine einzige Macke an ihm, er hat nicht einen Fehler. Er ist so perfekt, dass man brechen möchte.
Auch von einem erotischen Roman erwarte ich einen nachvollziehbaren Plot – sonst kann ich auch gleich Pornos gucken. Der Plot hier war nur bedingt nachvollziehbar. Alle Charaktere, vom König von Englang bis zu Adelines bemitleidenswerten Bediensteten, bleiben flach und es gibt nicht eine einzige Überraschung. Der Plot ist von der ersten bis zur letzten Seite vorhersehbar.
Was mich am meisten gestört hat, sind die vermittelten Ideale und Rollenbilder.
Adeline als Prinzessin von England behandelt die Angestellten, „meine Bediensteten“, fast fünfhundert Seiten lang wie Objekte, die ihr gehören.
Und dann ist da noch das Frauenbild. Adeline wird dargestellt als starke, rebellische Frau – die dann doch nicht so stark und selbstständig ist, weil sie sich im tiefsten Herzen nach einem Mann sehnt, der die Kontrolle übernimmt und ihr sagt, wo’s langgeht. Bezöge sich das nur auf den Sex, hätte ich keinerlei Probleme damit. Aber es bezieht sich auf die ganze Beziehung zwischen Adeline und Josh, und das stört mich gewaltig.
„Er führt, ich folge. Es scheint mir völlig natürlich zu sein.“ – Und Nein, da ging es nicht um Sex. Wie bitte? Das Buch ist von 2019, wie kann man da so etwas hineinschreiben? Die natürliche Unterordnung der Frau unter den Mann. Unfassbar.
Es gibt noch einen zweiten Teil, den ich nicht mal mit einer Kneifzange anfassen würde. Es ist möglich, auch in Liebesromanen starke Frauen zu haben. Wieso ging das hier nicht?
Odyssee (Homer)
Schenken wir uns Genre und Erscheinungsdatum. Wie bewertet man so ein Werk? Man kann es schlecht mit modernen Standards messen. Gibt es überhaupt Standards, die man an ein derartiges Epos anlegen kann?
Mir bleibt nur zu sagen: es hat Spaß gemacht, die Odyssee zu lesen. Ein faszinierender Einblick in die Welt der antiken Heldenepen und nicht annähernd so schwer zu lesen, wie ich befürchtet hatte.
Das letzte Königreich | Der weiße Reiter | Die Herren des Nordens – Bernard Cornwell
Originaltitel: The Last Kingdom | The Pale Horseman | Lords of the North
Genre: historischer Fantasyroman
Erscheinungsdatum: 2004 / 2005 / 2006
Offensichtlich der Auftakt zu einer großartigen Reihe, die sogar schon verfilmt bzw. in eine Serie umgewandelt wurde. So etwas geht an mir gerne mal vorbei – ich hab’s nicht so mit Filmen und Serien. Aber mit Büchern. Deswegen wundert es mich schon, dass ich so lange gebraucht habe, um über diese Reihe zu stolpern. Aber besser spät als nie, oder?
Fürstensohn Uhtred fällt mit zehn Jahren den Dänen in die Hände, die seine Heimat Northumbrien im England der 860er zu erobern suchen. Graf Ragnar lässt ihn am Leben und zieht ihn gemeinsam mit seinem eigenen Sohn auf.
Die ganze Geschichte wird aus der Sicht des erwachsenen und offenbar alten Uhtreds erzählt, was schonmal voraussetzt, dass der Held überlebt. Uhtred blickt manchmal kopfschüttelnd, manchmal lächelnd auf seine eigene Vergangenheit und berichtet über den Kampf der Dänen gegen die Engländer sowie seine eigene Zerrissenheit. Er, ein Engländer, wächst als Junge bei Dänen auf und lernt sie kennen und lieben, fühlt sich mehr als Däne denn als Engländer. Eine Zerrissenheit, die ihn noch lange begleiten soll, auch, nachdem er die Seiten wieder gewechselt hat und nun für König Alfred gegen die Dänen kämpft. Es gibt Schlachten, Politik, persönliche Erfolge und Misserfolge und etwa einmal pro Buch ein kleines Wunder.
Ungefähr einmal pro Buch läuft ihm übrigens eine neue Frau zu, in die er sich verliebt und die ihm auch augenblicklich verfällt. Es sind alles starke Frauenfiguren, aber gelegentlich hätte ich mir gewünscht, er hätte sich die eine oder andere Abfuhr eingefangen.
Eine erstaunliche Reihe, das muss ich schon sagen. Obwohl es um grausame und fürchterliche Männer geht (Wikinger und Christen eben), wird wenig geflucht und unflätige Aussprüche werden vom Autor auf ein absolutes Minimum reduziert. Schimpfworte? Ja, doch nie vulgär. Es war erfrischend, mal wieder ein Buch zu lesen, in dem nicht jedes zweite Wort ficken oder scheiße war. (Nicht, dass mich so etwas stören würde!) Durch die Erzählperspektive bleibt der Leser etwas distanziert vom jungen Uhtred, man hat eher das Gefühl, mit dem alten Mann am Feuer zu sitzen und seine Taten vorgetragen zu bekommen. Diese Bücher zu lesen, ist, wie eine gute Dokumentation im Fernsehen zu gucken: man ist angenehm unterhalten, hat seine Freude daran und möchte eigentlich nicht, dass es schon aufhört.
Einziges Manko: die Kapitel sind wirklich ewig lang. 30 oder 40 Seiten sind keine Seltenheit. Dafür ist aber auch jedes Kapitel in sich rund, das ist auch sehr schön zu lesen.