Infinitum – Die Ewigkeit der Sterne (Christopher Paolini)
Originaltitel: To Sleep in a Sea of Stars
Erscheinungsdatum: 2020
Genre: Science Fiction

Die Menschheit breitet sich im All aus, immer weiter und weiter. Auf einer Mission zur Kolonialisierung eines fremden Planeten wird die Xenobiologin Kira von einem Alien-Wesen gleichermaßen in Besitz genommen. Das Soft Blade genannte Xeno verschmilzt mit ihr, untrennbar an sie gebunden und kaum in der Lage, mit ihr zu kommunizieren. Bald stellt Kira fest, dass ihr parasitenähnlicher Begleiter uralt ist … und sehr gefährlich. Auf der Suche nach der Soft Blade greifen andere Aliens die Menschen an, vielförmige, fremdartige Wesen, die von den Menschen Jellys getauft werden. Ein Krieg beginnt. Um ihrer Spezies einen Vorteil zu verschaffen, macht Kira sich auf die Suche nach einer Wunderwaffe am anderen Ende des Universums. Dabei hilft ihr die Schmuggler-Crew des Schiffs Wallfish, die Kira und die Soft Blade durch einen Zufall aus dem All gefischt haben, und – eher widerwillig – das Militär. Als dann noch die Verdorbenen auftauchen, abscheuliche, besonders bösartige Aliens, scheint die Vernichtung der Menschheit nicht mehr aufzuhalten.
Wer Christopher Paolinis Bücher kennt, weiß von seiner Detailbesessenheit. In diesem Buch tritt das besonders stark hervor. Manche Kapitel sind mit so vielen Fachbegriffen und so viel Pseudophysik gespickt, dass mir der Kopf schwirrte und ich überhaupt nicht mehr hinterherkam. Klingt aber alles sehr fancy.
Ansonsten ist der Schreibstil recht angenehm. Nicht-physikalische Abschnitte lassen sich wunderbar lesen.
Das Beste am Buch sind ohne jeden Zweifel die Charaktere.
Kira selbst trifft meinen Geschmack nicht, sie versinkt zu sehr in Selbstmitleid und Zweifeln. Die Crew der Wallfish dagegen ist sehr divers, wirklich witzig und interagiert großartig miteinander. Ich meine, ein Schmugglerschiff mit einer Schiffskatze, einem Schiffsschwein und einem halbverrückten Schiffsgehirn? Das muss man einfach lieben.
Dazu kommen immer wieder Details, die mich schmunzeln ließen. Ein Bowie lives-Sticker hier, Weltraum-Panzerband da… Das war wirklich sehr süß. Auch der Auftritt von Inarë war herrlich, wenn auch in keiner Weise plotrelevant. Außerdem haben die Schiffe coole Namen.
Paolinis Herangehen an die Xenos ist ebenfalls grandios. Er erschafft ganze Zivilisationen, die so fremdartig sind, dass man sie in Worten kaum beschreiben kann – und dann beschreibt er sie doch. Das ist wunderbar.
Davon abgesehen war das Buch aber eine Enttäuschung. Zu viele innere Monologe, so spannend sind Kiras Gedanken wirklich nicht. Zu viel Technik-Gesabbel. Zu viel unnütze Handlung, auf die ich hier aus Spoiler-Gründen nicht eingehen möchte. Kira jammert mir zu viel, und ungefähr ab der Hälfte habe ich nur noch gehofft, irgendwann zum Ende zu kommen und dass es bitte kein Zwei- oder Dreiteiler wird. Die letzten paar hundert Seiten sind dann nur noch Gemetzel, durchsetzt mit Kiras Schuldgefühlen, das Ende ist übermäßig Deus ex machina-mäßig.
Schön, dieses Buch gelesen zu haben – aber ich hätte es rückblickend echt nicht als teures Hardcover gebraucht. Einem großen Namen sollte man eben nicht blind folgen…
Die Flüsse von London (Ben Aaronovitch)
Originaltitel: Rivers of London
Erscheinungsdatum: 2012
Genre: Urban Fantasy

Der erste Teil der viel gelobten Reihe um Peter und die Magie in England.
Police Constable Peter Grant hat gerade seine Probezeit hinter sich und befürchtet schon, ins Schreibbüro abgeschoben zu werden, da vernimmt er einen Zeugen in einem grausamen Mordfall. Der Zeuge ist ein Geist, und kurz darauf kommt Inspector Nightingale auf Peter zu und bietet ihm eine Stelle an. Fortan ist Peter offiziell Zauberlehrling – und muss als Polizist die Übernatürlichen in London daran erinnern, dass es Gesetze gibt, die für alle gelten. Seine erst Aufgabe besteht direkt darin, zwischen zwei Flussgottheiten der Themse zu vermitteln…
Das Buch ist wirklich witzig geschrieben. Peter nimmt sich selbst nicht zu ernst und der Erzählstil ist herrlich flapsig. Manchmal wundert es mich, dass er überhaupt etwas gebacken kriegt, so viel, wie er auf Brüste starrt, aber wenigstens ist er kein perfekter Superheld ohne Fehl und Tadel. Es passiert eine Menge Unfug, aber auf eine echt unterhaltsame Art. Die Kapitel sind elend lang, aber für Leser wie mich, die ab und an eine Pause brauchen, gibt es viele Absätze, an denen man ausruhen kann.
Gelegentlich bleibt die Handlung etwas oberflächlich, und das Ende ist so verwirrend, wie man es von der einen oder anderen Doctor Who-Episode kennt, aber grandios entwickelte Charaktere, ein angenehm diverser Cast und eine Menge unerwarteter Plotwendungen machen das locker wieder wett. Wirklich ein schönes Buch, und ich freue mich auf die nächsten Teile!
The Tropic of Serpents (Marie Brennan)
Deutscher Titel: Der Wendekreis der Schlangen
Erscheinungsdatum: 2014
Genre: Fantasy

Wieder einmal zeigt sich, wie viel cooler unser viktorianisches Zeitalter gewesen wäre, wenn es Drachen gäbe.
Die unangepasste Naturforscherin Isabella Camherst begibt sich auf ihre zweite Expedition, in Begleitung des bereits bekannten Tom Wilker und der jungen, unverheirateten Natalie – ein Skandal für sich, aber Skandale sich nichts, was Isabella Angst einjagt. Ohnehin zeigt sie in diesem Buch erneut, dass sie sich auch von Angst nicht aufhalten lässt.
Ihre Expedition führt sie ins tropische Bayembe und nach Mouleen in die Sümpfe. Fremde Kulturen, halbnackte Männer, die Savanne und der Dschungel, nichts hält Isabella davon ab, Drachen zu erforschen. Bis diese allerdings das erste Mal auftauchen, dauert es ziemlich lange – vorher gibt es viel Politik und eine faszinierende Einführung in eine vollkommen fremde Kultur. Isabella beugt sich den Umständen, und ich habe mit Belustigung feststellen dürfen, wie viel höflicher sie zu denjenigen ist, die man in ihrer Heimat möglicherweise als Wilde bezeichnet, als zu den Menschen zuhause.
Und als die Drachen dann endlich auftauchen, sind sie wundervoll und faszinierend wie eh und je. Natürlich erlebt Isabella noch eine ganze Menge anderer Abenteuer, muss seltsame Rituale durchführen und langsam das Vertrauen von Menschen gewinnen, deren Sprache sie kaum spricht. Am Ende stehen unerwartete Enthüllungen und eine Menge Politik.
Isabella meistert die Herausforderungen wie eine echte Lady, mit Energie, Mut und einer großen Portion Pragmatismus. Auf diese Weise schürt sie beim Leser den Wunsch, selber auf Entdeckungsreise in den nächstbesten Dschungel zu gehen und etwas Neues zu erforschen – am liebsten natürlich Drachen. Wenn man bedenkt, dass ich kaum etwas so sehr verabscheue wie nicht in meinem eigenen Bett schlafen zu können, ist das schon eine ordentliche Leistung.
Es ist wundervoll, über Isabellas Expeditionen zu lesen. Man sieht die junge, etwas naive, aber hochmotivierte Witwe auf der einen Seite, und gleichzeitig erfolgt die Betrachtung – schonungslos und ehrlich – durch die Augen ihres älteren Selbst. Das ist wirklich wunderbar gemacht und fesselt mich immer wieder aufs Neue.
Der dritte Teil liegt bereits in meinem Bücherregal und ich freue mich sehr darauf, mit Isabella um die Welt zu segeln!
Ich bin Circe (Madeline Miller)
Originaltitel: Circe
Erscheinungsdatum: 2018
Genre: Fantasy

Wer kennt sie nicht, die Hexe Circe, die auf der Insel Aiaia lebt und Männer in Schweine verwandelt? Dies ist die neuinterpretierte Geschichte hinter der Schreckensgestalt aus der Odyssee.
Circe – von der Mutter verachtet, vom Vater verabscheut. Sie ist eine Nymphe ohne göttliche Kräfte, eine Unsterbliche mit der Stimme einer menschlichen Frau. Einsam und verloren lebt sie am Hof ihres Vaters, bis sie einen Sterblichen kennen und lieben lernt. Diese Liebe lässt sie ihre Zauberkräfte entdecken, doch kaum in die Ränge der Götter erhoben, wird ihr Liebster wie die anderen – selbstverliebt, heuchlerisch, egoistisch. Circe zerbricht beinahe daran. Für die Erschaffung der Scylla wird sie schließlich nach Aiaia verbannt, um dort das Leben zu führen, das uns aus der griechischen Mythologie bekannt ist.
Circe ist ein eigenwilliger, starker Charakter. Sie muss aus ihren Fehlern lernen, sich ihre Zauberkraft und ihren Ruf hart erarbeiten. Das Buch greift auf fesselnde und mitreißende Weise viele Ereignisse aus der Mythologie auf und gibt Circe darin eine Rolle. Die Geburt des Minotaurus, Medeas Gräueltat, Odysseus auf Aiaia… Sogar ein Grund, warum sie Männer in Schweine verwandelt, wird gefunden. Circe handelt nach dem, was sie im Augenblick für das Richtige hält, und trägt die Folgen mit hoch erhobenem Haupt.
Eine Geschichte über ein einsames und gedemütigtes Mädchen, das gegen alle Widrigkeiten weitermacht und sich selbst sucht. Es geht um Wut und Grausamkeit, um Liebe und Verzweiflung. Vor allem um Verzweiflung.
Gegen Ende hat das Buch einige Längen, die jedoch dem Gesamteindruck keinen Abschlag tun. Eine wundervolle, inspirierende Geschichte, faszinierend und spannend erzählt. Die Geschehnisse aus Sicht der Hexe Circe – unbedingt empfehlenswert!
Das brennende Land (Bernard Cornwell)
Originaltitel: The Burning Land
Erscheinungsdatum: 2010
Genre: Fantasy
Über den Vorgängerband habe ich etwas geschimpft, trotzdem kann ich es nicht lassen, Uhtreds Geschichte zu verfolgen. Spricht das jetzt für die Bücher oder gegen meinen gesunden Menschenverstand?

Diesmal ist der Hauptantagonist eine Frau – die sagenhaft schöne Hexe Skade, jung, machtgierig und begehrenswert. Viele Männer kämpfen für sie, um sie und gegen sie, darunter natürlich auch Uhtred von Bebbanburg, denn sie ist eine Gefahr für Wessex, wo der alternde König Alfred regiert.
Uhtred ist aus den Vorgängerbänden altbekannt. Wie stets erzählt er als alter Mann die Geschichte seiner jungen Jahre, schüttelt den Kopf über sich selbst und betont so unfassbar oft, wie jung und ungestüm er damals war, dass es mir zum Hals raushängt.
In diesem Band ist der junge Uhtred aber wirklich ungestüm. Er bricht seinen Eid gegen König Alfred und wechselt die Seiten so oft, dass man als Leser kaum hinterherkommt. Eine richtige Charakterentwicklung macht er nicht durch. Er kämpft, ist wütend, bricht einige Eide und hält andere, kämpft noch ein bisschen mehr, erringt unwahrscheinliche Siege und – wer hätte es gedacht – schläft mit schönen Frauen, die sich ihm wieder mal reihenweise an den Hals werfen. Seine Gattin ist kaum drei Seiten tot, da liegt er schon mit der nächsten in der Kiste… Wenn sich mal eine einzige Frau widersetzen würde, das wäre was. Aber Nein, sie sehen den großen Kriegsherren und sinken in die Kissen. Es nervt mich langsam wirklich.
Davon abgesehen – und Uhtreds mangelnde Entwicklung ist ein großes Davon abgesehen – ist das Buch angenehm zu lesen. Es bleibt spannend, trotz elend langer Kapitel kommt keine Langeweile auf. Zu sagen, dass es wirklich fesselnd und packend wäre, ist wohl übertrieben, aber es ist wie seine Vorgänger: wie eine interessante Dokumentation im Fernsehen, die man gerne anschaut und mit der man sich die Zeit vertreiben kann.
Ich weiß, dass dieses Kurzreview jetzt alles andere als begeistert klingt. Trotzdem werde ich wohl auch den nächsten Band lesen. Uhtred und seine halbfiktive Welt haben etwas an sich, das mich nicht loslässt, trotz aller Kritik, die ich immer wieder äußere.