The Witcher – The Last Wish (Andrzej Sapkowski)
Originaltitel/deutscher Titel: Ostatnie życzenie/Der letzte Wunsch
Erscheinungsjahr: 1993
Genre: Fantasy
Eine kleine Sammlung lose zusammenhängender Geschichten als Einstieg in das weltberühmte Universum um den Hexer Geralt, der gegen Monster kämpft und Frauen verführt.

Ich habe die Spiele nie gespielt. Als ich mir die Serie ansah, hatte ich das Gefühl, dass die Hälfte an mir vorbeigeht – weil ich die Welt nicht kenne. Da mir aber die Grundidee so gut gefällt, habe ich mir vorgenommen, mich langsam an die Bücher heranzutasten. The Last Wish soll laut Internet ein guter Einstieg sein und das kann ich bisher so bestätigen.
Viele der Geschichten kannte ich aus der Serie, aber sie zu lesen, war doch nochmal etwas anderes und ermöglicht ein tieferes Verständnis des Witcher-Universums. Die einzelnen Geschichten hängen lose zusammen, und obwohl ich das Ende teilweise kannte, waren sie unterhaltsam und spannend zu lesen.
Schreibstil wie Hauptfigur Geralt sind düster, aber mit einer gehörigen Portion Sarkasmus, grimmig, aber mit Humor, geradeheraus und bisweilen etwas eigenwillig. Action wechselt mit beinahe komödiantisch anmutenden Sequenzen und lässt auch ein bisschen Dramatik nicht vermissen.
Im Nachhinein hätte ich mir gewünscht, die Serie nicht gesehen zu haben. Sie hat mir ohnehin nur semi-gut gefallen und das Buch bietet mir so viel mehr. Mit anderen Worten, bevor ich mir die nächste Staffel zu Gemüte führe, werde ich mich wohl – wie so oft – den Büchern widmen.
Alte Sorten (Ewald Arenz)
Originaltitel: Alte Sorten
Erscheinungsjahr: 2019
Genre: Gesellschaftsroman
Was für ein Meisterwerk. Was für eine Geschichte! Wie kann so viel Drama, so viel Schmerz und Emotion auf so wenige Seiten passen?

Sally ist siebzehn, auf der Flucht aus der Psychiatrie und voller Hass. Sie weiß nicht genau, wo sie hin will – eigentlich will sie nur weg. Weg von allem. Dabei trifft sie auf Liss, die ihren Hof alleine bewirtschaftet, eine scheinbar in sich ruhende Frau, deren Vergangenheit ein dunkles Geheimnis birgt. Liss ist einsam und fürchtet sich gleichzeitig vor Nähe. Über Wochen hinweg finden die beiden zueinander, lernen wieder, Freundschaft zu schließen und zu vertrauen. Bis eines Tages die Polizei auf dem Hof auftaucht, denn Sally wird gesucht.
Liss und Sally sind auf den ersten Blick so verschieden voneinander und ähneln sich dann doch. Beide sind vielschichtig geschrieben, mit viel Einfühlungsvermögen und viel Realitätssinn. Sallys psychischer Zustand ist nachvollziehbar, wirkt auf mich aber weder triggernd noch, als hätte der Autor lediglich „Magersucht“ und „selbstverletzendes Verhalten“ gegooglet und daraus eine Geschichte gemacht. Auch Liss‘ Vergangenheit, ihr Trauma, ihre daraus resultierende Angst vor Nähe wirken authentisch. Es fällt leicht, sich in beide hineinzuversetzen und mit ihnen mitzufühlen.
Der Schreibstil ist etwas ganz besonderes. Mit kleinen Worten werden ganz große Bilder erschaffen, greifbare Atmosphären und so viel emotionales Drama, wie ich von diesem Buch niemals erwartet hätte. Dieses Buch behandelt die Frage, warum man manchmal einfach nicht in diese Welt zu passen scheint und wer eigentlich verrückt ist, mit so viel Gefühl und Zartheit, dass es mir den Atem nimmt.
Insel der Urzeit (Rick Poldark)
Originaltitel: PRIMORDIAL ISLAND
Erscheinungsjahr: 2016
Genre: Science Fiction/Horror
Wer denkt, Jurassic Park habe alle abstrusen Dinosauriergeschichten in unserer Zeit erzählt, der sollte dringend dieses Buch lesen – denn es geht noch abgedrehter.

Ein Flugzeug stürzt im chinesischen Meer über einer unbekannten Insel ab. Mit erstaunlichen finanziellen Mitteln versucht ein privates Bergungsunternehmen, den Flugschreiber zu bergen. Unterstützt werden sie dabei von einem Team aus Paläontologen, Biologen und Ex-Marines, denn auf dieser Insel scheint die Zeit stehen geblieben zu sein. Es gibt nicht nur menschliche Ureinwohner, sondern auch und vor allem eines: Dinosaurier. Schnell muss das kleine Team neue Prioritäten setzen, um das eigene Leben zu retten.
Und es wird wirklich nicht lange um den heißen Brei herumgeredet. Der erste Dino taucht praktisch sofort auf, angemessen blutrünstig und monströs. Dieses Buch ist nichts für Leute mit zartem Magen! Auf 325 Seiten werden so viele Leute abgeschlachtet, dass ich aufgehört habe, zu zählen. Spoiler: nicht alle werden gefressen.
Die Charaktere sind ein bunter Haufen von Wissenschaftlern und Idioten aus den verschiedensten Fachgebieten. Von der karrieregeilen Biologin über den nerdigen Paläontologen bis hin zum übermäßig selbstbewussten Großwildjäger ist alles dabei, was man für so eine Geschichte braucht. Natürlich gibt es auch eine Liebesgeschichte, oder eher eine kleine Romanze, und genügend Statisten und Nebencharaktere ohne Namen, um alle Dinos und Monster der Insel sattzukriegen.
Der Schreibstil ist der Geschichte leider nicht ganz angemessen. Show, don’t tell ist ein Prinzip, dass der Autor scheinbar nicht kennt. Alles plätschert so dahin, richtige Spannung kommt einfach nicht auf, weil der Autor immer wieder sachliche Kommentare einstreut wie In der Dunkelheit war es nämlich äußert schwer, sich zu orientieren. (S.65) Charaktere, die im Angesicht eines riesigen T-Rex noch logisch denken, nehmen zusätzlich nochmal Spannung raus.
Aber – und das sage ich nicht oft! – die Geschichte entschädigt hier wirklich für die stilistischen Mängel. Ich meine, es gibt Dinosaurier, Kannibalenzombies, Urzeitmenschen, eine uralte Tempelanlage voller Geheimnisse und Fallen und eine Verschwörung um eine Verschiebung im Raum-Zeit-Kontinuum. Was will man mehr? Wenn sonst nicht viel zu tun ist, ist dieses Buch wirklich ein angenehmer Zeitvertreib.
Blutschicksal (Daniela Winterfeld)
Originaltitel: Blutschicksal
Erscheinungsjahr: 2021
Genre: Fantasy
Auf diesen abschließenden Teil der ungewöhnlichen Trilogie habe ich mich wirklich sehr gefreut. Zu sehr, wie es scheint.
Weiter tobt Krieg in Ruann. Der Waldgürtel ist abgebrannt, der Blutsturm tobt, entfesselt vom grausamen Sapionas. Nichts scheint sich Sapion im Kampf um das letzte Wasser entgegenstellen zu können, doch der Widerstand gibt nicht auf.

In den ersten beiden Büchern gab es so viele vielschichtige, interessante Persönlichkeiten. Die Charaktere sind hier zwar noch da, haben aber an Vielschichtigkeit eingebüßt. Alia ist nur noch allmächtig, Tailin nur noch freundlich, Leymon nur noch gereizt und Dorgen nur noch hilflos. Obwohl alle Gottgeborenen unglaublich overpowered wirken, Alia allen voran, geht ewig lange nichts vorwärts, sie drehen sich im Kreis und kommen zu nichts außer dazu, die ewig gleichen Fragen neu zu erörtern. Als einzige nicht-Gottgeborene war Feyla bisher stets eine angenehme Abwechslung zu der ganzen Magie, doch auch sie ist in diesem Buch farblos und bleibt dem Leser fern.
Die Handlung ist unglaublich verschwurbelt. Es geht seitenlang um das Wirken der Magie und warum man bestimmte Dinge tun oder nicht tun kann, und dann entscheiden sich die Charaktere sprunghaft und unglaubwürdig für irgendeine Übersprungshandlung, von der sie dann natürlich Magiefieber bekommen. Die Handlung geht und geht nicht voran. Der Zauber und die Faszination, die den ersten beiden Büchern innewohnten, ist in diesem dritten Teil völlig verloren gegangen.
Auch Sapionas, das menschengemachte Monster, dessen Darstellung in den Vorgängerbänden so gelungen war, stumpft hier zu einer irren Maschine ab. Aus seinem inneren Konflikt hätte man so unglaublich viel machen können – stattdessen wird er neuerdings als triebgesteuertes Tier dargestellt. Dass Alia mit ihm anbandelt, nachdem er sie im ersten Teil vergewaltigt hat, genügt mir eigentlich schon, um von diesem Buch unfassbar genervt zu sein.
Es gibt viele Abründe in diesem Buch, und Tailin rechtfertigt zu viele davon. „Er hatte keine Wahl, seine Magie hat ihn dazu gezwungen“ – wie bitte? Natürlich geht es auch darum, sich seiner Vergangenheit und seinen Fehlern zu stellen, und warum Menschen zu Monstern werden, aber leider auf eine Art und Weise, die von langatmig-anstrengend zu obszön-widerlich und zurück schwankt. Um die Handlung irgendwann doch mal voranzutreiben, gibt mehr Deus ex Machina-Szenen, als ich zählen kann, und dazwischen zieht sich alles wie Kaugummi. Ganz zu schweigen von dem Ende, das mir viel zu kitschig und unrealistisch ist.
Was für eine Enttäuschung, wirklich.
The Witcher – Sword of Destiny (Andrzej Sapkowski)
Originaltitel/deutscher Titel: Miecz Przeznaczenia/Das Schwert der Vorsehung
Erscheinungsjahr: 1993
Genre: Fantasy
In mehreren, wieder lose zusammenhängenden Geschichten wird dem Leser in diesem Buch die Welt des Hexers Geralt nähergebracht, die politischen Begebenheiten, die verschiedenen Spezies und die Personen, die Geralts Leben nachhaltig beeinflussen.

Im Vergleich zum letzten Wunsch ist dieses Buch geradliniger aufgebaut, die Ereignisse in den Geschichten folgen aufeinander, es ist weniger verwirrend. Dafür geht es tiefer, sowohl was Geralts Beziehung zu Yennefer angeht als auch seine Freundschaft zu Dandelion/Rittersporn. Neben witzigen, düster-ironischen Dialogen und actionreichen Kampfszenen gibt es immer wieder tiefgehende philosophische Gedanken über Gut und Böse, Menschsein und Menschheit und den Sinn von allem. Ganz grandios gemacht.
Im Vergleich zur Serie gefällt mir vor allem Geralt als Charakter besser, aber auch Ciri ist so viel facettenreicher und insgesamt sind die Bücher viel angenehmer zu lesen als die Serie zu gucken ist. Wenn jetzt noch mal eine – irgendeine! – Frau Geralt auflaufen ließe, das wär mal was. Dass ihm die (hübschen) Frauen überall zu Füßen liegen, während die weniger attraktiven ohnehin keine Rolle bekommen außer der, mal kurz als unattraktiv beschrieben zu werden, ist aber das Einzige, was mich an dieser Reihe bisher stört.
I’M A NURSE: Warum ich meinen Beruf als Krankenschwester liebe – trotz allem (Franziska Böhler)

Zu diesem außergewöhnlichen Buch gibt es ausnahmsweise hier eine ausführlichere Rezension. Was ich dazu zu sagen habe, würde den Rahmen der Bücher des Monats schlicht sprengen.